Praxisbeispiel Pflegeorganisation Coming Together Quelle: G.I.B. / Foto: Joe Kramer

Recap: Innovative Praxisbeispiele in der Pflegeorganisation

Die Regionalagentur Bergisches Städtedreieck lud ein

Am 10. Juli 2018 lud die Regionalagentur Bergisches Städtedreieck Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bereich „Pflege“ ins Sana-Klinikum Remscheid ein. Dem Ruf folgten Vertreterinnnen und Vertreter aus der stationären, der teilstationären und der ambulanten Pflege, sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Pflegeakademien und Sanitätshäusern. Mit ihnen zusammen sollte die Zukunft der Pflege diskutiert und ihnen Modelle aufgezeigt werden, wie man dem Fachkräftemangel potentiell begegnen kann.

Praxisbeispiel Pflegeorganisation Asal Tayouri – Leitung Regionalagentur Bergisches Städtedreieck Quelle: G.I.B. / Foto: Joe Kramer

Praxisbeispiel Pflegeorganisation Moderation: Claudia Schleicher – Engagement + Chance Quelle: G.I.B. / Foto: Joe Kramer

Vortrag der Bergischen Universität Wuppertal zum Thema: Arbeitsfähigkeit und Erwerbsmotivation

Nach einer Begrüßung zur Veranstaltung durch Asal Tayouri (Leiterin der Regionalagentur) und Claudia Schleicher (Moderatorin der Veranstaltung) war es an der Bergischen Universität Wuppertal den Auftakt zu machen. Anna Rings (wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Arbeitswissenschaft) zeigte in ihrem Vortrag zum Thema: „Arbeit mit 67 in der Pflege – geht das (gut)?“, welche Auswirkungen der demografische Wandel auf den regionalen Arbeitsmarkt hat. Ergebnis war, dass das Erwerbspersonenpotential und damit potentielle Fachkräfte in der Pflege in naher bis mittelfristiger Zukunft drastisch abnehmen wird.

Praxisbeispiel Pflegeorganisation Anna Rings – M.A. Soziologie – Lehrstuhl der Arbeitswissenschaft an der Bergischen Universität Wuppertal Quelle: G.I.B. / Foto: Joe Kramer

In einem zweiten Schritt wurde durch Frau Rings aufgezeigt, dass „Gesundheit“ und „Arbeitsfähigkeit“ voneinander abzugrenzen sind. Statistische Erhebungen der Bergischen Universität hatten ergeben, dass die Gesundheit nur einen Teil der subjektiven Einschätzung zur Bereitschaft ausmacht, bis zum gesetzlichen Rentenalter zu arbeiten. Wichtiger ist hierbei die Motivation am Erwerbsleben teilzuhaben. Schlüssel für eine verlängerte Erwerbstätigkeit kann also eine gesteigerte Erwerbsmotivation sein.

Das Buurtzorg-Modell aus den Niederlanden wurde vorgestellt

Hier setzte Udo Janning (Sander Pflege GmbH, Emsdetten) mit seinem Vortrag zum niederländischen Buurtzorg-Modell an. Im Niederländischen steht „Buurt“ für Nachbarschaft und „zorg“ für Sorge. Das Modell wurde vor über zehn Jahren vom Niederländer Jos de Blok erdacht und sollte den -ähnlich den deutschen Zuständen – Problemen / Hindernissen im Bereich der Pflege begenen.

Praxisbeispiel Pflegeorganisation Udo Janning – Sander GmbH buurtzorg Deutschland Quelle: G.I.B. / Foto: Joe Kramer

Konkret geht es dabei um die Re-Organisation der Arbeit im Bereich der Pflege. Pflegeleistungen die katalogisiert waren und in Geld- und Zeitwerte umgerechnet wurden, führten dazu, dass Schnelligkeit der wichtigsten Faktor war. Bürokratie war im Tagesablauf der Pflegekräfte ein so großer faktor geworden, dass für eine aktiviertende Pflege keine Zeit mehr da war, berichtete Udo Janning. Für Pflegekräfte war / ist das eine Situation, aus der sie sich nach einer Zeit häufig zurückziehen, um sich selbst zu schützen.

Buurtzorg versucht hier die eigentliche Arbeit am Patienten wieder mehr in den Vordergrund zu setzen. Die Lebenszufriedenheit von Kundinnen und Kunden bzw. Patientinnen und Patienten soll gesteigert werden und es soll ihnen ermöglicht werden möglichst lange in der gewohnten häuslichen Umgebung zu bleiben. Ihnen soll eine Selbstorganisation ermöglicht werden, in der das Pflegepersonal erst dann eingreift, wenn Tätigkeiten nicht von den Bedürftigen selbst oder ihrem nahen Umfeld (Familie, Nachbarn, Freunde) erbracht werden können. Das Buurtzorg-Team unterstützt bei der Vernetzung der Kundinnen und Kunden in der Nachbarschaft und gibt Hilfestellung beim erlernen einfacher unterstützender Tätigkeiten. Durch den Wegfall dieser Tätigkeiten haben die Pflegekräfte wieder mehr Zeit um sich um die eigentlichen Bedürfnisse der Menschen zu kümmern.

Im Bereich der Arbeitsorganisation agiert Buurtzorg ebenfalls innovativ. In den einzelnen Teams (max. zehn-zwölf Teammitglieder) gibt es keine Hierarchie. Alle Temamitglieder (Pflegekräfte, Hauswirtschaftskräfte etc.) sind gleichberechtigt. Neueinstellungen werden in der Gruppe besprochen und gemeinsam entschieden. Zusätzlich verwalten die Teams ihr eigenes Budget demokratisch. Die Abrechnung mit der Krankenkasse erfolgt auf Stundenbasis. Im Hintergrund organisiert die Buurtzorg-Organisation das administrative Geschäft.

In den Niederlanden gibt es mittlerweile schon ca. 920 Buurtzorg-Teams mit ungefähr 10.000 Pflegekräften, die sich um 84.000 Patientinnen und Patienten kümmern. Die Pflegekräften wählen ihren Arbeitgeber regelmäßig als besten Arbeitgeber der Niederlande, so dass dieser den Preis schon einige Male gewinnen konnte. Wertschätzung und Arbeitsmotivation sind hier die Stichworte.

Lebhafte Diskussion und get together als Abschluss

Zum Abschluss gab es eine Podiumsdiskussion mit allen Referenten. Insgesamt wurde das Modell aber überwiegend positiv aufgenommen. Es wurde lebhaft und interessiert diskutiert, ob das Modell in dieser Form auch für Deutschland angewendet werden könnte. Fragen zu Haftungsregelungen, betriebswirtschaftlicher Aspekte und arbeitsrechtliche Konsequenzen in einem selbstbestimmten Team kamen auf. Auch eine mögliche Abrechnung in deutschen System wurde thematisiert. Oliver Francke (Regionalagentur) merkte dazu an, dass sich auch deutsche Krankenkassen über neue Modelle und Ideen aktuell Gedanken machen, um das bestehende System zukunftsfit zu machen.

Praxisbeispiel Pflegeorganisation Austausch im Plenum Quelle: G.I.B. / Foto: Joe Kramer

Praxisbeispiel Pflegeorganisation Austausch Quelle: G.I.B. / Foto: Joe Kramer

Praxisbeispiel Pflegeorganisation Austausch Quelle: G.I.B. / Foto: Joe Kramer

Zum Ende gab Oliver Francke noch den Hinweis, dass die Regionalagentur über Informationen zu Fördermöglichkeiten zur Schaffung neuer Arbeitsorganisationen (unternehmensWert:Mensch) verfügt und diese bei Bedarf gerne weitergibt.

Quelle: https://www.mags.nrw/bergisches-dreieck-fachveranstaltung-pflege

 

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