Arbeit 4.0 in den Regionen – Beratertag in Solingen


Oliver Francke von der Regionalagentur Bergisches Städtedreieck; Foto: www.joe-kramer.de

Guido Grüning, DGB-Vorsitzender Wuppertal; Foto: www.joe-kramer.de

Dr. Friedhelm Keuken, Fachbereichsleiter Potentialberatung der G.I.B.; Foto: www.joe-kramer.de

Jüngst hat die Landesregierung NRW einen Dialog-Prozess zum Wandel der Arbeitswelt durch Digitalisierung und Vernetzung gestartet. Aus gutem Grund, denn die Digitalisierung ändert überall im Land die Art und Weise, wie wir arbeiten und produzieren. Das, so hatte NRW-Arbeitsminister Rainer Schmeltzer gesagt, „bietet die historisch einmalige Chance, Arbeits- und Produktionsprozesse neu zu gestalten: gesünder, altersgerecht und effizienter sowie besser vereinbar mit dem Privatleben.“

Wie aber lässt sich jetzt ein „Dialog-Prozess“ in den Regionen und in den Unternehmen etablieren? Damit hat sich die Regionalagentur Bergisches Städtedreieck bei dem von ihr durchgeführten „Beratertag“ in Wuppertal befasst. Oliver Francke, Mitarbeiter der Regionalagentur: „In weiten Teilen der Unternehmerschaft wie auch bei den Beraterinnen und Beratern ist das Thema Arbeit 4.0 ein eher untergeordneter Aspekt im Themenfeld Industrie 4.0. Doch in einer Zeit, in der sich Arbeit so grundlegend ändert, wird ein rein technokratischer Zugang zu dem Thema der Sache nicht gerecht. Beim Beratertag wollten wir genau darüber mit Beratenden diskutieren.“

Im Mittelpunkt: der Mensch

Am Vormittag stand das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und vom Europäischen Sozialfonds geförderte Programm „unternehmensWert:Mensch“ auf der Tagesordnung. Auch hier geht es um eine moderne Personalpolitik – speziell zugeschnitten auf den Mittelstand. Am Nachmittag dann stand die Beratung kleiner und mittlerer Betriebe speziell im Kontext von Arbeit 4.0 im Zentrum des Gesprächs.

Zuvor jedoch gab Guido Grüning, Regionalsekretär der DGB-Region Düsseldorf-Bergisch Land und Vorsitzender des DGB in Wuppertal, einen Überblick über die zurückliegenden Phasen der industriellen Revolution bis hin zu Industrie 4.0. Zum Leitbild für „gute Arbeit“ in dieser aktuellen Phase zählen für ihn – unter anderem – „die Entlastung von körperlich oder psychisch schwerer Arbeit“, „die Beteiligung und Mitbestimmung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie“ sowie „eine neue Definition von Arbeit“. Klar ist für ihn: „Auch bei der Digitalisierung gilt: Im Mittelpunkt steht der Mensch!“

Menschen, genauer gesagt: Fachkräfte und deren Rekrutierung im Zeitalter der Digitalisierung, waren Gegenstand des Referats von Philipp Voshege, Account Manager der TFI GmbH in Wuppertal. Er stellte „Talention“ vor, „die innovative Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting Software“ seines Unternehmens. Sie optimiert und vereint, so der Referent, die „komplexen Prozesse in der Personalbeschaffung sowie im gesamten Human Resources Bereich“. Beschränkten sich die Kompetenzen eines Recruiters noch vor zehn Jahren auf die Gestaltung von Stellenanzeigen, die Auswahl der Bewerber, das Führen von Bewerbungsgesprächen und die Kommunikation mit den Fachabteilungen, so geht es laut Philipp Voshege heute etwa um Employer Branding, Active Sourcing, Performanceanalyse und Applicant Tracking. „Personalrecruiting im Zeitalter von Industrie 4.0“, resümierte Regionalagenturleiter Oliver Francke, „ist sicher ein Thema für Beraterinnen und Berater.“

„Am Anfang steht das Problem, nicht die technische Möglichkeit“

Sie, die Beraterinnen und Berater, gab Dr. Friedhelm Keuken von der G.I.B. NRW in seinem Referat zu verstehen, „kennen sich hervorragend aus, wenn es um Organisations- und Personalentwicklung geht, doch das Thema Digitalisierung ist vielen noch fremd. Gerade deswegen aber wird der Aspekt Technik mitunter maßlos überschätzt. Manche denken gleich an cyberphysikalische Systeme oder meinen, ein Unternehmen müsse sich unbedingt einen Roboter oder einen 3D-Drucker zulegen.“ Das aber ist nach seiner Auffassung keineswegs immer der Fall. Wichtiger ist für ihn, „aus Unternehmerperspektive zu überlegen, welche neuen technischen Systeme tatsächlich sinnvoll sind, Auswahlkriterien zu beschreiben und anschließend einen beteiligungsorientierten Einführungsprozess inklusive Organisationsentwicklung und Weiterbildung zu organisieren.“

Am Fallbeispiel eines inhabergeführten mittelständischen Unternehmens – Produzent von Teleskopabdeckungen und Maschinenverkleidungen – illustrierte der G.I.B.-Mitarbeiter anhand von vier Thesen, dass der Einstieg in die Beratung zum Thema „Arbeit 4.0“ vergleichsweise einfach gelingen kann. These 1:  „Am Anfang steht das Problem, nicht die technische Möglichkeit“. These 2: „Erfolgreich nur durch Einbeziehung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. These 3: „Keine technische Innovation ohne Reorganisation“ und These 4: „Keine technische Innovation ohne Weiterbildung“.

Problem im Fall des vorgestellten Unternehmens war, dass eine einzige Verkleidung aus 3.000 Einzelblechen besteht. Das Suchen der richtigen, lediglich mit Etiketten versehenen Teile erforderte in der Versand-Abteilung einen übermäßig hohen Zeitaufwand. Frage war: Wie können wir das Auffinden der Bleche beschleunigen? Zur Wahl standen an technischen Möglichkeiten Barcode, QR, ORC oder RFID. Dr. Friedhelm Keuken: „Die Vor- und Nachteile alternativer Technologien können am ‚grünen Tisch‘ zwar vorselektiert werden, aber das genügt nicht. In unserem konkreten Unternehmen wurden mit Hilfe eines externen Beraters Teststrecken installiert, um die verschiedenen Kennzeichnungsmethoden im Alltagstest zu überprüfen.“ Ergebnis: RFID, also eine Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen, ist die ideale Lösung. Also wurde eine RFID-Leseschleuse angeschafft. Einher ging deren Einführung mit organisatorischen Umstellungen und der systematischen Weiterbildung des Personals.

Regionalagenturen als Treiber

Im Handlungsfeld „Arbeit 4.0“, auch das betonte Dr. Friedhelm Keuken, ist eine Potentialberatung genau das richtige Beratungsinstrument. Sie hilft, Problem- und Aufgabenstellungen zu identifizieren und entwickelt zugleich Lösungswege und Handlungsziele zur Verbesserung der Organisations- und Personalentwicklung „sowie deren Verortung im Zusammenhang der Themenfelder“. Deshalb ist die Digitalisierung und hier insbesondere die Gestaltung von Arbeit und Technik sowie von Partizipation ein neuer, zusätzlicher Schwerpunkt in der Potentialberatung.

An der Veranstaltung lobte der G.I.B.-Mitarbeiter, dass es hier gelungen war, „weg zu kommen von einer technikgetriebenen Diskussion hin zu einem Gespräch zur Frage, wie eine Gesamtschau des Themenfelds die Unternehmen und ihre Beschäftigten weiterbringen kann und welche Kompetenzen auf Seiten der Beratenden und der Betriebe dafür vorliegen müssen. Auf Beraterseite bedarf es gewiss einer Erweiterung der Perspektive, bei der auch die technische Komponente mit in den Blick genommen wird.“

Zufrieden mit dem Veranstaltungsverlauf waren auch die Teilnehmenden selbst. Ausnahmslos alle wünschten sich eine Wiederholung bzw. eine Fortsetzung des Beratertags. „Die wird im nächsten Jahr kommen“, versicherte Oliver Francke. Nach seiner Meinung sind Regionalagenturen bestens geeignet, das Thema in den Regionen voranzubringen, denn: „Regionalagenturen haben einen besonderen Bezug zur Beraterszene. Sie sind selbst Beratungsstellen für die Potentialberatung und sie koordinieren die Runden Tische der Beratungsstellen auf regionaler Ebene, zu denen auch die Beratungsstellen der Kammern und der Wirtschaftsförderung gehören. Es wäre gut, den Dialog-Prozess, der zum Thema Digitalisierung auf Landesebene gestartet ist, jetzt in den Regionen fortzusetzen. Wir als Regionalagentur wollen dazu jedenfalls unseren Beitrag leisten.“

Weitere Informationen

Quelle: www.mags.nrw

Fotos: www.joe-kramer.de

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